
Wie mich die Filter-Bubble einmal linkte
Filter-Bubble ist ein Begriff aus dem gleichnamigen Buch von Eli Pariser. Pariser war die Leitfigur von MoveOn.org, einer großen Aktions-Plattform, und hat irgendwann bemerkt, dass soziale Medien die Informationen für ihre Nutzer kaum erkennbar vorfiltern. Das geschieht mithilfe von Algorithmen, die die persönliche Relevanz der Nachrichten für jeden Nutzer erhöhen sollen.
In der Folge bekommt man häufiger Katzenfotos zu sehen, wenn man die in seinem Facebook-Newsfeed ständig anklickt, liket und kommentiert, und seltener politische Inhalte, wenn man auf die nicht reagiert. Qualifizierte Schätzungen lauten, dass man maximal 10% der Nachrichten seiner Kontakte überhaupt präsentiert bekommt.
Natürlich kann daraus ein Problem entstehen, vor allem, weil diese Filter-Algorithmen für den Nutzer nicht erkennbar und nur eingeschränkt kontrollierbar sind. Aus dieser Tatsache lässt sich für den modernen Kulturpessimisten selbstredend das Ende der Zivilisation ableiten – aber am eigenen Beispiel habe ich kürzlich eine wesentlich spannendere Konsequenz als bloß den Weltuntergang entdeckt.
Wie auch meinem Artikel auf Spiegel Online zu entnehmen war, habe ich mich kürzlich verlobt und das per Änderung des Beziehungsstatus auf Facebook erstmals öffentlich bekanntgegeben. Auf Facebook habe ich eine Page mit etwa 10.000 Likenden und ein privates Profil mit knapp unter 5.000 Friends (die Maximalzahl an Friends). Vor der Eröffnung meiner Page habe ich jede Anfrage an mein privates Profil als Friend angenommen, das ist ein Grund, weshalb es da eine gewisse Fluktuation gibt und sich die Zahl ab und zu leicht ändert: es sind in meinem Fall keine echten Freunde oder Friends, sondern eher irgendwie Interessierte. Mit der Betonung auf irgendwie, denn den Kommentaren entnehme ich häufiger, dass jetzt nicht alle mir ganztägig bedingungslose Liebe entgegenbringen. Ein paar sind wohl auch an einer gewissen, sagen wir, Reibung interessiert. Aber man weiss ja so wenig über seine Friends. Erst recht, wenn es fast 5.000 sind.
Als ich meinen Beziehungstatus in „verlobt“ änderte, passierte etwas Merkwürdiges. Innerhalb von einer guten Stunde verlor ich etwa einhundert Friends.
Spontan war ich natürlich begeistert. „Das müssen hundert Frauen (oder Männer) gewesen sein, die so sehr auf mich standen, dass sie an einem verlobten Sascha Lobo spontan das Interesse verloren. Was für eine fantastische Begebenheit! Da kann sogar mein Ego sich ein paar Tage von ernähren!“ So dachte ich bei mir.
Auch nach längerem Überlegen fiel mir keine andere Möglichkeit ein, weshalb die bloße Bekanntgabe der Verlobung ohne jeden zusätzlichen Kommentar jemanden dazu veranlassen sollte, mich zu entfrienden. Irgendwann fiel mir leider doch eine ein.
Schuld war die Filter-Bubble. Denn eine Verlobung wird von den Algorithmen von Facebook als so relevant eingeschätzt, dass sie bei wesentlich mehr Friends angezeigt wird als der Alltagsquatsch, den ich sonst so ins Netzwerk puste. Das bedeutet: tausende meiner Kontakte, die mich irgendwann dazugefügt, aber dann das Interesse verloren und wegen der Filter-Bubble nie wieder etwas von mir gesehen haben, bekamen auf einmal überraschend meine Verlobung in den Newsfeed gebeamt. Wo die Nachricht auch noch stundenlang stehen blieb und immer wieder hochschnellte, weil meine engeren Facebook-Kontakte natürlich zu Hunderten liketen und kommentierten.
Ungefähr einhundert Facebook-Friends wurden also daran erinnert, dass sie mich irgendwann befriendet hatten, bemerkten, dass ihnen das offenbar nur mäßig viel gebracht hat in den letzten Jahren und klickten nach der Kommentarflut meiner echten Friends schnell auf „remove from friends“.
Eigentlich schade, dass ich zu lange über die wahren Gründe nachgedacht habe, die erste Erklärung fand ich irgendwie schöner. Vielen Dank, du blöde Filter-Bubble.
Die Begründung für Deine Bubble-These halte ich für – sehr netten – aber doch: Quatsch. Genauso gut könntest Du annehmen, diese 100 „Freunde und Freundinnen“ wären entsetzt gewesen und lösten sich konsequenter Weise von Dir, weil Du
a) so etwas Konventionelles wie eine Verlobung inszenierst oder
b) Dich über eine Institution wie die Verlobung lustig machst.
(wer weiß heute schon, was mit dem angezeigten Beziehungsstatus _wirklich_ gemeint ist?).
c) vermutlich mindestens sechs weitere ähnlich verwegene Annahmen.
Alles Gute für Euch, btw!
Natürlich kann das sein. Aber es kommt doch darauf an, dass es eben nicht enttäuschte Verehrerinnen waren, sondern ziemlich sicher völlig andere Gründe hatte. Welche auch immer, ein paar hast Du ja genannt. Aber sie alle dürften damit zu tun gehabt haben, dass bei Leuten die Verlobung angezeigt wurde, die sonst eher nichts von mir sehen, der Filter-Bubble wegen.
Die Erklärung leuchtet durchaus ein, aber ich hätte nie gedacht, dass der Bubble-Effekt bei Facebook so stark ist. Natürlich ausgehend von meinem eigenen Nutzungsverhalten: „Hauptmeldungen“ klicke ich immer weg, und bei „Neueste Meldungen“ habe ich natürlich schon „alle Meldungen“ eingestellt. Und dann ist der Filter ja wohl weg.
Hast du den Eindruck, dass sich so viele Nutzer der Bubble ergeben?
Heh Sascha,
aber das wichtigste ist die Verlobung. Glückwunsch!
regards,
Michael
Ist doch Alles Lattenhagen, Mensch. Viel wichtiger: Alles Gute zur Verlobung, Sascha! Wie heißt er?
(Ich wollte erst noch einen Ironie-Smiley setzen, aber die magst Du ja nicht. Und wenn ich jetzt schrübe „Nee, ernsthaft, Alles Gute!“, dann würdest Du mir das eventuell auch nicht abnehmen; kannst Du aber – ich hab Dich nämlich weder entfriendet noch aus dem Feedreader geworfen!)
Also von mir ausgehend halte ich die Hypothese mit den enttäuschten Verehrerinnen für viel wahrscheinlicher. Dennoch herzlichen Glückwunsch!
No results found for „sascha verlobo“.
Och komm schon Google
Hast Du das ausgewertet? Mit den Abspringern? So spontan mag ich der VerehrerInnen-These mehr Glauben schenken.
Immerhin posten so ungefähr ALLE ständig irgendwelche drei bis 10 Herzchen auf FB. Da dürfte mal ein rotes Herz mit nem roten Iro und der Meldung „Sascha Lobo hat seinen Beziehungsstatus von in einer Beziehung in verlobt geändert“ eher eine willkommene farbliche Bereicherung sein.
Glückwunsch.
Mach doch mal die Gegenprobe und ändere den Beziehungsstatus wieder auf den vorherigen Zustand. Ist ja nur facebook.
@ Sascha
„Natürlich kann das sein. Aber es kommt doch darauf an, dass es eben nicht enttäuschte Verehrerinnen waren, sondern ziemlich sicher völlig andere Gründe hatte.“
Ich wüsste einen Weg, wie sich das ziemlich sicher rausfinden ließe: Du könntest eine Anfrage an das Ybersinn-Orakel richten. Cindy & Gert sind ziemlich stilsicher in solchen Dingen. Dann wärst Du jedenfalls nicht mehr aufs Spekulieren angewiesen. Das Orakel hat zuletzt am Donnerstag geweissagt, dass Papandreou seine blöde Vertrauensabstimmung übersteht:
http://www.ybersinn.de/2011/11/03/papandreou/
Die Frage, die an das Orakel zu richten wäre, könnte beispielsweise lauten:
Was ist Schuld daran, dass Sascha Lobo bei Facebook massiv entfriendet wurde, nachdem er dort seine Verlobung bekannt gegeben hatte (Glückwunsch übrigens!)?
a) enttäuschte Verehrerinnen, die ihrer Entfremdung Entfriendung folgen ließen;
b) enttäuschte Verehrer, ebenso;
c) ein verschissener Algorithmus.
Na ja, ist noch nicht ganz rund und auch noch nicht richtig lustig; bin lediglich einem friendly impulse gefolgt.
Beste Grüße
Lutz
JaJa, die Irrungen und Wirrungen des sozialen Netzwerkes. Mich würd mal interessiern, ob du auch jemandem real von deiner Verlobung erzählt hast und ob der Antrag online geschehen ist.
Wie dem auch sei
Herzlichen Glückwunsch
sorry sascha sollte keine Kritik sein
[…] Wie mich die Filter-Bubble einmal linkte […]
[…] http://www.work-innovation.de/blog/2006/02/glaubwuerdigkeit-und-qualitaet-von-information/ http://saschalobo.com/2011/11/01/wie-mich-die-filter-bubble-einmal-linkte/ http://freelens.com/freelens-magazin-25/pr-journalismus-der-dritte-weg […]
Ersteinmal alles Gute zur Verlobung. Vielleicht sind ja auch nur ein Teil der Verluste auf den Filter zu schreiben und der andere Teil tatsächlich enttäuschte Liebschaften. Allerdings sollte sich Dein Ego mit diesen Dingen, spätestens seit der Verlobung, nicht mehr beschäftigen. In diesem Sinne wünsche ich Dir und Deiner zukünftigen Frau alles Gute.
[…] […]
[…] wissen das viele. Aber selbst so Internetaffine Menschen wie der vermutlich weltberühmte Sascha Lobo lassen sich gelegentlich noch von der Filter Bubble überraschen. Die Einführung wurde jeden Falls nicht großartig bekannt gemacht, wie ich bereits erwähnt […]
[…] die Gesetzt der Aufmerksamkeit außer Kraft setzt – oder sie zumindest einmal ändert. Sascha Lobo beschreibt anschaulich wie sich die Filterbubble nun irgendwo zwischen der Suche nach Ruhm und Sichtbarkeit sowie den […]
[…] Sascha Lobo beschreibt „Filter-Bubbles“ in seinem Blog so: […]
[…] ich alleine ein Buch lese, wies Scott auf einen Effekt hin, den ich als Filterblase unter anderem von Sascha aber noch mehr von Michael Seemann […]
[…] außen vor. Anders als bei den Google- oder Facebook-Algorithmen bekommen wir keine Blase (“Filter Bubble“) um uns herum gebaut. Wir bauen sie uns gleich selbst. Durch die Nutzung von Twitter und […]
[…] kommt mir als erstes ein vergleichsweise kurzer Blogpost von Netz-Promi Sascha Lobo in den Sinn, in dem er beschreibt, wie ihn “die Filter-Bubble einmal linkte.” Dort erklärt er unter […]
[…] insgeheim wieder der Realität an. Der breiten Öffentlichkeit wollte ich den persönlichen Moment aus unterschiedlichen Gründen nicht unbedingt unter die Nase reiben, entsprechend bat ich Facebook diese Information zwischen uns […]
[…] die Hochzeit oder Scheidung wird einem nicht entgehen. Sascha Lobo hat sich in einem Blogbeitrag auch schon mit den “Folgen” einer Verlobung auf Facebook […]
[…] besonders vielen Menschen angezeigt, insofern sie verbunden sind, was auch schon mal zu Verwirrungen führen kann. Auf diese Weise erschließen sich Interessensnetzwerke, oder aber es definieren […]
[…] außen vor. Anders als bei den Google- oder Facebook-Algorithmen bekommen wir keine Blase (“Filter Bubble“) um uns herum gebaut. Wir bauen sie uns gleich selbst. Durch die Nutzung von Twitter und […]
[…] finanzielle Basis sozialer Netzwerke, um damit dir deine eigene „Filterblase“ zu generieren, wie es schon Sascha Lobo bezeichnete. Damit du beim Netzwerk bleibst filtert man aktiv Beiträge, es gibt nun keinen Ort mehr an dem du […]
[…] Sascha Lobo: Wie mich die Filter-Bubble einmal linkte […]