
Warum Eure Schuhgröße im Netz stehen wird – Halbautomatische Kommunikation und was das mit einem eigenen Facebook-Browser zu haben könnte
Für den Tagesspiegel habe ich auf Anfrage von Joachim Huber, der dort das Medienressort leitet, einen Text darüber geschrieben, der einer interessanten Frage nachzugehen versucht: Warum stellen Menschen alle möglichen persönlichen Informationen offen ins Internet? Der Artikel trägt die Überschrift „Warum meine Schuhgröße im Netz steht“ und ist am letzten Sonntag auf Papier gedruckt erschienen und hier auch auf tagesspiegel.de zu finden. Hier möchte ich ihn ein wenig weiterentwickeln in Richtung Zukunft des Internet.
Im Artikel steht zusammengefasst, dass mit der Entwicklung der digitalen Gesellschaft viele soziale Funktionen inzwischen im Netz stattfinden – und dort mehr zusätzliche Informationen benötigen als das bloße Kommunikat selbst. In der Kohlenstoffwelt hat man von Kleidung über Frisur bishin zu Gestik und Mimik viele Instrumente der nonverbalen oder begleitenden Kommunikation, die überhaupt erst einen geeigneten Kontext für die direkte Kommunikation herstellen.
Der für mich derzeit interessanteste Punkt dieser Begleitbotschaften ist die halbautomatische Kommunikation im Netz. Bei verschiedenen Interviews habe ich schon das Stichwort “halbautomatische Kommunikation” ins Feld geworfen; gemeint ist damit eine Weiterentwicklung der automatisierten Statusmeldung. Wenn etwa mein Handy alle zehn Minuten die Position an den Server funkt, der dann eine Karte mit meinem Aufenthaltsort veröffentlicht. Wenn ich ein Konzert in meinen Online-Kalender eintrage und der von allein eine Mitteilung an diejenigen Freunde verschickt, die die Band in ihrer last.fm-Playlist haben. Wenn mein Browser merkt, dass zehn meiner Kontakte gerade ebenfalls auf einer bestimmten Website sind und deshalb einen Spontanchat eröffnet. Wenn mein XING-Account erkennt, dass ein passender Job irgendwo im Netz ausgeschrieben ist und eine automatisierte Vorabbewerbung mit Kurzlebenslauf schickt. Kurz: wenn eine intelligente, justierbare Automatik soziale Kommunikationsfunktionen übernimmt.
Viele dieser Funktionen sind technisch längst vorhanden, wie etwa der InstaMapper GPS Tracker, eine Applikation für Mobiltelefone, die noch deutlich zu sperrig für die tägliche Benutzung ist. Oder die automatisierte Meldung auf Twitter, wenn ein neuer Blogbeitrag veröffentlicht wurde. An dieser Stelle spätestens bemerkt man eine Sollbruchstelle der halbautomatischen Kommunikation: sie muss ziemlich geschmeidig daherkommen, um nicht zu anstrengend zu werden, sondern ihre Stärken ausspielen zu können – als “Intelligent RSS”.
Denn die halbautomatische Kommunikation ist zwar die Weiterentwicklung der Statusmeldung – damit sie aber für alle Beteiligten und mit so vielen Websites wie möglich funktioniert, erfordert sie nach meiner Einschätzung eine Art Internet-Betriebssystem mit einer leicht verständlichen, grafischen Oberfläche, damit die Nutzer selbst präzise einstellen können, wo was wann wie und an wen halbautomatisch kommuniziert werden soll.
Am nächsten an ein solches Webbetriebssystem heran kommt derzeit Facebook (wie schon häufiger diskutiert worden ist). Erst vor einigen Monaten wurde mit Facebook Connect ein großer Schritt in diese Richtung getan – nämlich die Verknüpfung von Facebook mit anderen Seiten, die bewirkt, dass die Aktivitäten auf eben diesen Drittseiten halbautomatisch auf Facebook kommuniziert werden. Der logische nächste Schritt für Facebook wäre hier die Entwicklung eines echten eigenen Browsers, der ganz nebenbei dazu führen würde, dass man die Community überhaupt nicht mehr verliesse.
Teile des Redesigns deuten auch darauf hin: viele Navigationspunkte wurden in die nicht bewegliche Fussleiste verlagert. Die Redundanz mit der Navigation auf der Fläche ist nicht zufällig – sondern soll den Nutzer daran gewöhnen, Facebook auch dann zu benutzen, wenn auf der Fläche des Screens eine andere Seite dargestellt wird. Dazu kommt, dass mit Cloud Computing Betriebssystem und Browser sowieso miteinander verwachsen – zu einem Betriebsbrowser, wie ich den technischen und sprachlichen Bastard taufen möchte. Die Office-Anwendungen von Google Docs in Googles Chrome Browser stehen hier für die exemplarischen Anfänge.
Mit einem echten eigenen Facebook-Browser (über dessen Ankündigung im Netz einiges zu finden ist, herausgekommen ist dann aber “nur” Connect) würde die halbautomatische Kommunikation in Form eines umfassenden Lifestreams über Nacht Realität, weil alles, was wir im Browser erledigen – bei mir wäre das ungefähr alles -, dann Teil unseres Kommunikationsstromes werden könnte. Ohne große Mühe lässt sich schließlich ein Szenario vorstellen, das die Veröffentlichungsmodalität unserer Daten umkehrt: nur, wenn ich das explizit auswähle, wird eine Information wie eine besuchte Website NICHT veröffentlicht. Das mag für viele Menschen im Moment unerhört klingen – aber der Schritt von der jetztigen Situation dorthin ist kleiner als von den Protesten über die 1987er Volkszählung zum durchschnittlichen XING-Profil von heute.
[Anm.: der Artikel war hier ursprünglich nur angeteast, die vollständige Version fand sich auf dem 01blog; ich habe hier jetzt auch aus Dokumentationsgründen den Text unverändert eingestellt]
liest gerade „Warum Eure Schuhgröße im Netz stehen wird“ http://tinyurl.com/cqx4rn #readit
Ja, dahin geht die Reise eindeutig. Für Facebook. Das ist aber deren Problem. Ein Grund warum ich Facebook so abgrundtief hasse. Die unbeschreibliche Tranigkeit dieser halbautomatisch generierten Statusupdates könnte mein Desinteresse kaum mehr steigern. Und ja, die Twitterfeed Einspielungen in Twitter sind und waren immer der Königsgrund des Entfollowns.
Es mag ja richtig sein, dass die Leute auf vielen verschiedenen Ebenen kommunizieren wollen. Aber wie bei dem Erscheinungsbild im Reallive interessiert mich eben nicht alles. Der Fußpilz kann gerne unter dem Socken bleiben. Ich denke, das muss Facebook noch lernen.
Und alle, die halbautomatisch kommunizieren, werden irgendwann auch merken, dass ihnen keiner mehr zuhört.
Meine Schuhgröße-Hüftumfang+ Zahnanzahl-wird man definitiv nicht im Web finden.Und mit Facebook fang ich erst garnicht an! Twittern, ist da etwas besser angelegt. Da kann man sich etwas reduzierter zeigen! Bloß in einem sagen ich offen; was ich bin: Ich bin Sozi-Mitglied und bin lesbisch und det ist sogar sehr jut so !:-) Noch Fragen? Nein! Auch gut!
Grüße von meinem Ortseingangsschild!
Also meine Schuhgröße steht schon lange in meinem Xing-Profil…
Geht doch nur um die Schuhgröße und nicht um die Größe von sonstwas;-) Meine liegt zum Beispiel zwischen 43 und 45. Also die Schuhgröße.
…sieht man die Netz-Welt als reale Welt (was sie ja auch ist!),…warum soll es da kein weltweites Monster-Schuhregal geben?
Warum soll ich mir da nicht nen Platz reservieren?
jaja, ich weiß schon; wegen den bösen Adidas-Stinkstiefeln; die mich dann (ver-)kaufen wollen und so.
Sehr geehrter Herr Lobo,
entschuldigen Sie bitte, daß ich so unverfroren in Ihre Stube hineinplatze und Fragen stelle.
Ich habe Sie zufällig in einem kurzen Video gesehen und würde gerne wissen, ob Sie vielleicht homosexuell orientiert sind?
Ich weiss, es ist für viele eine unheimlich freche und direkte Frage, auf die wahrscheinlich die meisten antworten, es gehe mich nichts an.
Ja, Sie haben Recht nur denke ich, so ein tougher und „rebellischer“ Mensch (so kommt es zumindest für mich rüber) hat keine Probleme damit, auf die Frage zu antworten.
Es reicht ein Ja oder Nein. Es ist auch nicht wichtig ob Sie es sind oder nicht, ich möchte einfach meine Neugier stillen.
Ihr sanchoz
Lieber sanchoz, Ihre Neugier ist mir leider nicht Motivation genug, um auf Ihre Frage zu antworten, die zweifellos in puncto öffentlich zur Schau gestellte Verkrampftheit ungesehene, nachgerade CSUeske Höhen erklimmt.
@sanchoz: In solchen Dingen bitte immer an Rosa von Praunheim wenden. Der weiß darüber immer alles und gibt gern Auskunft – nicht selten auch völlig ungefragt. Oder bist Du es etwa selbst, Rosa?;-)
@sanchosz: Na da haben wir aber ganz schön daneben gegriffen! Am besten fragen Sie dass jeden den Sie treffen. Nur weil ich sage, dass ich so bin wie ich bin,jemand anderen auch gleich egal mit was auzuquetschen oder es zuversuchen! Nee das war einfach mal blöd!
Zu Sascha Lobo: Ich bin froh dass es solche hochkreativen Menschen,wie ihn gibt! Der ist einfach mal jemand, der Dinge so Klasse erklären kann,wie kein anderer.Deshalb wird sein unerschöpfliches Kerativpotenzial so sehr geschätzt.Nicht umsonst ist er im SPD-Onlinrat und auch anderen wichtigen Schaltstellen, wo es um Web 2,0 um Facebook,Twitter und Kommuniktation geht so sehr gefragt! Und dann kommen Sie @sanchoz so um die Ecke!
Grüße von meiner Klotür!
@martina: ich habe Ihren Kommentar erst gerade eben gelesen, in dem Sie sagen, Sie seien lesbisch, aber es ist eh unwichtig.
Ich habe erfahren, was ich wollte :)
Es ist nun mal die Wahrheit, dass immer mehr Menschen immer mehr von sich preisgeben. Bald wird es auch gar nicht mehr möglich sein, vieles von sich zu verstecken. Dennoch gibt es Informationen, die niemanden interessieren, die aber trotzdem veröffentlicht werden und diese Informationsflut wird dafür sorgen, dass bald ein unfollow trend entsteht, durch welchen dann die Qualität der Kontakte über die Quantität siegen wird. Hoffen wir mal, dass wir dann noch mehr Nutzen aus den Social Networks ziehen können :)