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Morgendämmerung der Bloglandschaft

blogrenaissance
Es hat nicht nur damit zu tun, dass die Reaktionen auf die gestrige Abmahnung von netzpolitik.org durch die Deutsche Bahn AG nach meiner Beobachtung mehr und schnellere Reaktionen gezeigt hat als die allermeisten Fälle bisher. Es hat auch nur am Rande damit zu tun, dass ich mein Privatblog im Januar 2009 gegründet habe. Aber ich glaube, dass Blogs, auch in Deutschland, dabei sind, ihre in den letzten zwei, drei Jahren eher schlummernde Kraft zu entfalten – und stärker als zuvor.

Das Wort „Renaissance“ impliziert mir etwas zu stark, dass zwischendurch überhaupt gar nichts los war, das stimmt natürlich nicht. Aber irgendwie geht gerade eine Sonne auf, daher trifft das Wort Morgendämmerung, zumindest ein wenig. Ich glaube, dass es dafür zwei Gründe gibt – eigentlich eine Vielzahl von Gründen, aber zwei stechen heraus. Interessanterweise sind beides nicht unbedingt wirtschaftliche, sondern gesellschaftliche Gründe.

1) Obama ist ganz klar der mächtigste Mann der Welt geworden, weil er und vor allem sein Beraterteam das Netz verstanden und es richtig benutzt haben. Den Zweischritt-Beweis für diese Behauptung liefere ich auch mit: Im Januar 2008, mit dem ersten demokratischen Caucus einem der wichtigsten Schlüsselmomente des Wahlkampfes, hat Barack Obama nicht nur einen Spendenrekord aufgestellt: 36 Millionen Dollar. Er hat vor allem sagenhafte 88% davon im Netz eingesammelt. Mit diesem Geld hat er nicht nur weiter die Online-Spendenmaschine am Laufen gehalten, sondern auch die klassischen Medien mit professioneller Kommunikation dominieren können – was ihn zum Sieg geführt hat. Obama ist der erste Internetpräsident. Blogs haben dabei eine entscheidende Rolle gespielt – nämlich die Übertragung der Stimmung, in diesem Fall der Begeisterung. Erst im Herbst habe ich von einer kroatischen Journalistin eine wunderbare Metapher gehört: Blog seien die Seele des Internet. Das zeigt die Zielrichtung auf, Blogs müssen nicht immer weiter wachsen, um erfolgreich zu sein; die Größe der Leserschaft ist eine sehr relative. Die Rolle der Blogs – auch in Deutschland – kann sein, abseits des unübersichtlichen Dschungels der Social Networks und neben der journalistischen Konstanz der klassischen Onlinemedien etwas zu etablieren, was man Öffentliche Stimmung nennen könnte – in längst überfälliger Ergänzung zur schon länger existierenden Öffentlichen Meinung, deren Abbildung herkömmlichen Medien zugeschrieben wird. Fast handelt es dabei um eine Art Friedensangebot zwischen klassischem Journalismus und dem publizistischen Wirken der Bloglandschaft.

obama_speech

2) Der zweite Grund ist – und manche höre ich jetzt entsetzt lachen – Twitter. Nach meiner Beobachtung ist die Zahl der eher unwichtigen Blogbeiträge durch Twitter zurückgegangen; was man früher in einen „Seht-mal-hier“-Beitrag ohne bereichernde Substanz gepresst hat, passt heute entspannt in 140 Zeichen (diese Beobachtung haben auch andere vorher schon gemacht). Da die Aufgabe von Twitter nicht ist, in jedem Tweet Substanzielles zu veröffentlichen, reduziert sich im Zusammenspiel von Blogs und Microblogs das Rauschen auf Blogs, und geht dorthin, wo es nicht stört – auf Twitter. Seit gestern hat diese neue Kraft des Zusammenwirkens ein plastisches Beispiel. Felix Schwenzel hat anlässlich der Bahn-Abmahnung richtig beobachtet, dass es noch vor zwei Jahren vier, fünf Tage gedauert hat, bis Themen aus den Blogs in die klassischen Online-Medien geschwappt sind. Jetzt waren es nicht nur wenige Stunden – es ist noch ein Hypeeffekt dazu entstanden. Man konnte sich zwischenzeitlich nicht des Eindrucks erwehren, dass es einen Wettlauf unter den professionellen Online-Medien gibt, wer als erster mit einer durchrecherchierten Meldung zum Thema herauskäme (diesen Contest gewann ORF Futurezone mit einer Meldung nur eine Stunde und 27 Minuten nach der Veröffentlichung auf netzpolitik.org). Beinahe pflichtschuldig meldete der offizielle Twitteraccount des Newsportals Der Westen, dass ein Artikel „bereits in der Mache“ sei. Das Beispiel zeigt die neue Kraft der Bloglandschaft: durch die Beschleunigung und erhöhte Vernetzung per Microblogging gewinnen Blogs deutlich an publizistischem Einfluss. Twitter fungiert hier als Social Newsticker, dessen Durchschlagkraft von der Relevanz für die Blogszene abhängt, die nicht zufällig weitgehend der Twitterszene entspricht.

obama_tweet

Das Fazit: während für einige Menschen noch immer Welten und hasserfüllte Abgründe zwischen den drei Feldern Online-Medien, Blogs und Microblogging liegen, besteht gerade in der Verbindung dieser drei ein faszinierendes Potenzial, das bisher nicht da war. Und es ist kein Zufall, dass bei dieser Aufzählung Blogs in der Mitte als Dreh- und Angelpunkt (wenn auch nicht als Schwergewicht) stehen, denn jetzt beginnen meiner Meinung Blogs gerade erst, ihre wichtige Rolle in der Medienlandschaft zu finden – noch ein wenig eingekeilt zwischen den tapsigen Informationsriesen der klassischen Medien und dem hibbeligen Hyperaktivisten Twitter transportieren Blogs die Stimmung der digitalen Öffentlichkeit, das Gefühl der Netzöffentlichkeit. Was Blogs selbst betrifft, heisst die im Moment Aufbruchstimmung.

This Post Has 51 Comments

  1. Sehr schöner Artikel, damit wurde alles gesagt, was über die Blogosphäre in nächster Zeit gesagt werden muss. Nieder mit „Blogs sind tot“, es leben die Blogs!

  2. Mir gefällt die Beobachtung, dass Twitter und Blogs sich nicht kannibalisieren, sondern sich im Gegenteil gegenseitig verbessern. Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass Teilen (und: Mitteilen) zu Nutzen führt. Blogs geben zwar Aufmerksamkeitsanteile an Twitter ab, gewinnen aber damit selbst an Profil und Präzision. Voraussetzung sind natürlich interoperable – d.h. durchlässige – Schnittstellen zwischen den verschiedenen Medien-Welten: twitter > Blogs > klassische Online-Medien > Print-Medien. Wenn hier das Zusammenspiel klappt, haben alle was davon. Von „Pathoshammer“ also gar nicht zu reden. Eher Welterrettung, und dafür bin ich auch immer zu haben ;-): http://tinyurl.com/brk7nc

  3. das haben Sie aber schön durchrecherchiert, herr lobo! ;o)

    vor allem gefällt mir hier der positivismus gegenüber blogs. sonst liest mensch ja nur negativen kram.

    man sieht sich dann auf der rp09 als weiteren farbklecks!

  4. Gut argumentiert. Ich möchte noch eines hinzufügen: Der von vielen Bloggern beklagte Rückgang der Verlinkung (wird ja heute aktuell wieder deutlich auf den neuen Blogcharts mit Kurvendiagramm) hat m.E. auch mit Twitter zu tun. Früher haben Blogger v.a. per Blogverlinkung auf interessante Beiträge hingewiesen. Heute weisen Blogger per Twitter auf neue Posts hin und wenn der Post interessant ist, wird der Hinweis retweetet. Auch Blogkommentare verlagern sich schon in Richtung Twitter. Das sehe ich aber positiv, da auf diese Weise interessante Diskussionen in gemeinsamen Streams immer wieder zusammengeführt werden.

  5. Deine Lobhudelei ist ja recht und billig. Aber ich gebe einen Punkt zu bedenken. Ich möchte gerne sehen, wie viele Reaktionen wir auf diesen Vorfall morgen noch lesen werden. Schon heute ist der Wind gut abgeflaut.
    Die Reaktionen vieler Blogs kamen verdammt schnell. Aber oft genug wurde nur die Meldung an sich wiedergegeben, mal garniert mit ein, zwei Meinungssätzen, mal ohne. Seltener fand man wirkliche Kommentare dazu vor (wobei nach wie vor, die Meldung an sich zu verbreiten natürlich schon seine Berechtigung hat, keine Frage).
    Die Tatsache, die Du beschreibst, dass Microblogging für das allmähliche Verschwinden von Blog-Beiträgen ohne Substanz aus Blogs gesorgt hat, kann ich dabei also nicht wirklich teilen.

    Die deutsche Bloglandschaft ist eben so wie ihre Autoren schlussendlich wie die Bürger, die Du an jeder Straßenecke vorfindest. Oftmals wie eine Kuh. Es wird gefressen, gekaut, kurz geschluckt, mit ein bissl Magensaft wiedergekäut und endgültig runtergeschluckt. Es wird konsumiert, zumeist aber nicht reflektiert, sondern nach neuem Input verlangt. Es geht darum, auf den Zug mit aufzusteigen. Aber den Schaffner zu beschimpfen traut sich kaum einer.

    Insofern sehe ich die Veränderungen weit weniger tiefgehend, mal abgesehen von der Geschwindigkeit. Aber beschert die uns so viele Vorteile?

  6. Ich kann die Morgendämmerung der Blogs nicht sehen. Was netzpolitik.org da gerade passiert ist ein PR-Gau der Bahn, und nicht die Macht der Blogs. Einem Blog das üblicherweise 3 -10 Kommentare auf seine Beiträge bekommt mit einer Abmahnung in Schweiß zu bringen ist für sich genommen doof, weil unnötig. Hätte die Bahn geschwiegen, würde sich heute keiner dran reiben. Aber: Die Bahn_PRler haben die Reichweite von Blogs überbewertet und den eisernen Hammer ausgepackt. Reichlich dämlich den Rückenmarkverdrahteten Aufschrei der anderen Blogger auf den Angriff gegen einen von „ihnen“ als gesellschaftliche Macht zu begreifen. Es ist pure Sympathie für den armen Wicht und unterdrückte Wut gegen die böse Bahn. Nichts mehr. Das die Medien das Thema aufgreifen beweist nur, dass sie 1. von Blogs nichts verstehen und 2. das ihnen Blogs egal sind. Sie sind an der Abmahnungs-Story interessiert, nicht an netzpolitik.org.

    Ich mache gerade nach vier Jahren mein Blog zu. Warum? Weil Blogs keine Macht für nichts haben. „Keine Macht für Niemand“ wird in Blogs richtig lebendig. Es kommt immer dann zu Wellen auf dem Blogger-Ententeich, wenn ein „Großer“ was gegen Blogbetreiber sagt oder tut. Wenn hingegen ein Blogbetreiber was sagt, dann ist die Reichweite geringer als eine Stadteilzeitung. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber investigativen Blogjournalismus a’la Johnny Häuslers Klingeltonstory sind erstens die absolute Ausnahme und zweitens gar nicht das Thema der hunderten von Bloggern in Deutschland (wenn wir mal Ehrlich sind in Bezug auf Blogthemen und der Anzahl der Autoren)

    Blogs, und da sehe ich eine Gefahr (wo möglicherweise gar keine ist), versagen da wo andere Meinungen Platz finden wollen. Wir sind keine offen komunikative Gesellschaft. Wer anderer Meinung ist, wird (besonders gerne in Blogs) vom Mähdrescher überfahren. Blogs sind nach meiner Meinung gut um den Abiturinhaber-Mainstream zu beobachten, die gleichgeschaltete Meinung der aufgeklärten intellektuellen Schafsherde. Ich habe das, zugegebenermaßen in einem sehr kleinen Rahmen, am eigenen Leib beobachtet. Es gibt keine Gesprächskultur unter Bloggern, es gibt wenig Toleranz und wer das gerade Szenen-opportune schreibt (siehe Herr Obahma) kann sich dem Applaus der „Follower“ sicher sein. Mir scheint, mit dieser Haltung machen es die Blogger den Medien sehr leicht sie nicht ernst zu nehmen. Was Sie da sehen, Herr Lobo, ist der Lichtfunken eines abstürzenden alten russischen Satelliten am Nachthimmel, aber sicher keine Morgendämmerung. Da bin ich mir ziemlich sicher …

  7. Zumindest teilweise Unsinn.

    „Obama der erste Internetpräsident“ ist zwar ein schönes Label, aber falsch. Wenn man sich den Verlauf des US-Vorwahlkampfes mal genauer in Erinnerung ruft, muss man doch sehr zweifeln, ob der Moment nach dem ersten Caucus in Iowa wirklich der Schlüsselmoment war. Obwohl Obama damals übers Netz Trilliarden eingesammelt hat: Bis in den Frühsommer hinein war durchaus unsicher, ob er überhaupt der demokratische Kandidat werden würde.
    Obwohl sein Team die Instrumentarien des Internets gut beherrschte, es hätte gut und gerne auch schief gehen können. Am Ende gaben nicht Blogs den Ausschlag, noch nicht mal das Geld, sondern das Establishment der Demokratischen Partei. Nur zur Erinnerung: Obama hatt VIEL mehr Geld als Clinton UND viel mehr Webpräsenz, und doch hat es nur sehr, sehr, sehr knapp gereicht.

    Der Rest: Nicht ganz falsch, nicht ganz falsch. Laberrhababer halt.

  8. „Obama ist der erste Internetpräsident.“
    Platter gehts nicht mehr.
    Vieleicht waren auch zur Abwechslung so was wie Inhalte entscheident, das sollte mann bei dieser peinlichen Internet-Blog-Twitter-Flickr-Ficker-Zoomer selbtsbeweihräucherungs Logik nicht verschweigen.

  9. Ich finde den Artikel sehr gelungen auch wenn @goetzeclan das anders sieht. Welche negativen Erfahrungen haben Sie denn da gemacht? Dem Statement „Es kommt immer dann zu Wellen auf dem Blogger-Ententeich, wenn ein „Großer“ was gegen Blogbetreiber sagt oder tut.“, stimme ich vorerst zu, glaube aber das sich das auch in den kommenden Monaten/Jahren verändern wird. Besonders beeindruckt hat mich das Twitter-Feedback nach dem netzpolitik-Aufruf und sehe dieses Phänomen eher als Morgendämmerung denn als den Bloguntergang den Sie hier skizzieren.

  10. @Cartagena Wie ich geschrieben habe, sind die Entwicklungen in meinen Augen am Anfang. Natürlich fehlt noch Substanz. Dass in der nächsten Woche, zumindest ohne neue Entwicklungen, niemand mehr über den Vorfall berichten wird, liegt in der Natur der Medienlandschaft seit immer.

    @geotzeclan Der ganze Beitrag sieht sehr danach aus, als würde man persönliche Erlebnisse auf die Restwelt übertragen. Abgesehen davon ist Spreeblicks Klingelton-Geschichte sehr viel – aber mit Sicherheit alles andere als Investigativjournalismus. Richtig ist der Punkt, dass beim aktuellen Beispiel Bahn mehr günstige Umstände (die ich nicht erwähnt habe) dazugekommen sind, die die Abbildung in den klassischen Medien beschleunigt haben.

    @Formwandler Lesen Sie sich Ihren Beitrag nochmal durch und schreiben ihn dann neu. So fängt er mit einem Widerspruch an, um anschliessend zu bestätigen, was ich oben geschrieben habe. Das demokratische Establishment bestand vorher aus Clintonanhängern, es hat sich durch die mediale und digitale Öffentlichkeit und die Art, wie Botschaften von Obama präsentiert wurden, überzeugen lassen. Die beiden mächtigsten Polit-Maschinerien der USA, die Konservativen und die Clintons, „knapp“ geschlagen zu haben, ist ungeheuer viel.

    @peer Schreiben Sie einen substanziellen Beitrag oder gehen Sie weg. Ihr nächster Beitrag könnte ja davon handeln, welche Inhalte Obama im Wahlkampf transportiert hat, von denen Sie als entscheidend sprechen. Und welche davon Hillary Clinton nicht transportiert hat.

  11. „Der ganze Beitrag sieht sehr danach aus, als würde man persönliche Erlebnisse auf die Restwelt übertragen.“

    Sicher. Anders kann ich ja auch nicht. Es sind halt Erfahrungen (sie sollen einen ja klug machen). Immerhin handelt es sich dabei um Erfahrungen über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren und verbreitet über viele (100+?) Blogs. So ganz wertlos sehe ich die Erfahrungen also nicht an …

    Anyway. Wenn es doch mehr ist als abgestürzter Raumschrott, dann wird es ja bald hell in der Blogsphäre. Schau‘ mer mal.

  12. Ups, habe gerade meinen Beitrag von oben nochmal gelesen und dabei bemerkt, dass ich das Wort „dämlich“ so verwendet habe, dass dadurch Sie gemeint sein könnten. Ich wollte aber damit zum Ausdruck bringen, dass die Medien „dämlich“ sind, wenn sie in den Vorgängen eine „Blogmacht“ erkennen. Bitte entschuldigen Sie die unscharfe Ausdrucksweise. Danke.

  13. Herr Lobo, Obamas Sieg klarer über McCain hatte diverse Ursachen, auch das Internet natürlich – aber hätten Sie meinen Kommentar verstanden, hätten Sie bemerkt, dass davon gar nicht die Rede war.

    Sie erwähnten vielmehr Obamas Spendenrekord nach dem Iowa-Caucus im Januar 2008, dies sei der „Beweis“ für Ihre These. Das halte ich für Unsinn. Vier Monate später stand Obama noch immer nicht als Nominee fest, und am Ende hatte er in den Demokratischen Primaries und Caucuses sogar weniger Stimmen (Public Vote) als Clinton und wurde nur Präsidentschaftskandidat und schließlich Präsident, a) aufgrund des seltsamen demokratischen Vorwahlsystems, b) der Florida- und Michigan-Querelen und c) der Tatsache, dass sich mächtige demokratische Akteure wie Steuervergesser-Daschle oder die Kennedys unter ihm mehr Einfluss erhofften als unter den mächtigen Clintons.

    Das heißt nicht, das Internet hätte für Obama keine wichtige Rolle gespielt, natürlich hat es das, eine sehr wichtige sogar. Entscheidend waren aber erstens seine genial organisierte Vor-Ort-Arbeit (Face-to-Face, nondigital), welche ihm den Sieg in allen Caucuses und damit Momentum vor allem in der frühen Phase sicherte, zweitens die über 90-prozentige Unterstützung der Afroamerikaner. Welche im Übrigen, statistisch gesehen, eine weit geringere Internetnutzung aufweisen als die Weißen, die mehrheitlich Clinton wählten. Gleiches gilt übrigens für die von Clinton gewonnenen Staaten Kalifornien und Ohio im vergleich zu z.B. den von Obama gewonnenen Alabama oder Kansas.

    Internetpräsident? Unsinn. Falls er wegen einer durch Blogs aufgedeckten Affäre zurücktreten muss: Dann ja.

  14. Formwandler, Sie scheinen die amerikanische Politk aus Ihrem deutschen Kunstledersessel heraus wesentlich besser zu verstehen als die politischen Analysten in den USA, von deren Sachverstand ich mich leiten lasse (neben eigenen Analysen).

    Brillant Ihre Bemerkung der Vor-Ort-Arbeit – die übrigens, das wissen Sie als Politfuchs natürlich längst, über das Netz und dort speziell mit der Obama-Community im Zusammenwirken mit Blogs organisiert wurde.

    Gepaart mit einem aggressiven Missverstehwunsch ergibt sich, dass Sie dringend sofort als Politikberater arbeiten sollten, sagen wir für die CSU.

  15. „Wie ich geschrieben habe, sind die Entwicklungen in meinen Augen am Anfang. Natürlich fehlt noch Substanz. Dass in der nächsten Woche, zumindest ohne neue Entwicklungen, niemand mehr über den Vorfall berichten wird, liegt in der Natur der Medienlandschaft seit immer.“

    … in die wir uns nicht zwangsweise einreihen müssen ;-)
    (Bezieht sich auf die Natur, nicht die Medienlandschaft an sich)

  16. Herr Lobo, ich finde es toll, dass Sie den Film „Was nicht passt, wird passend gemacht“ so verinnerlicht haben.

  17. Viel spannender ist doch, dass Obama´s Wahlkampf gezeigt hat, wie mächtig politische Kommunikation sein kann, wenn sie nicht über den Zwischenschritt der institutionalisierten Massenmedien vermittelt werden muss, sondern mithilfe digitaler Tools direkt zur Zielgruppe sprechen kann. Ich sehe da viel Potential für die Vermittlung auch unbequemer tagespolitischer Vorgänge, ohne dass dabei Rücksicht auf die einschränkenden Routinen etablierter massenmedialer Formate genommen werden muss. Wir werden sehen, ob dieses Potential genutzt wird. Bis jetzt ist mit whitehouse.gov ja noch nicht so viel los.

  18. Ich wünschte, ich könnte den Optimismus teilen. Die Aufbruchstimmung sehe ich in Blogs leider nicht – die Begeisterung von Twitter vielleicht noch eher.

    Manchmal beschleicht mich auch das Gefühl, dass die Bloglandschaft vielleicht erst durch die Platzhirsche ausgebremst worden sein könnte – zu intern, zu viel Geschnösel um „darf man jetzt kommerziell sein?“ und zu viel „Wann ist Blog wirklich Blog?“-Diskussionen und keine echten Themen ausser Abmahnungen und sich selbst. Dass zu kurze Beiträge für die Degenerierung der Blogosphäre verantwortlich gewesen sein könnte mit der Konsequenz, dass jetzt alles besser wird, weil die Sprüche-Tweeter zu Microblogging-Diensten abwandern – so kam es mir nie vor.

    Aber wenn Du recht hast, dass sich jetzt was tut, dann wäre ich froh. So langsam geht mir nämlich die Blog-Lust aus – und für’s Wegschmeissen der 3 Jahre Arbeit bin ich doch zu sentimental.

  19. Oh ja! Die goldenen Zeiten brechen an!
    Das meine ich ganz im Ernst, ich glaube, die Öffentlichkeit beginnt langsam damit, uns als eigenständige Medien anzuerkennen. Das merkt man zum Beispiel daran, dass immer mehr Unternehmen auch an Blogs Testgeräte abgeben, was früher allein den „klassischen“ Medien vorbehalten war. Ich hatte in letzter Zeit zum Beispiel Testhandys von Sony Ericsson, Nokia, T-Mobile und Sonim. Nicht schlecht!

  20. […] „Morgendämmerung der Bloglandschaft“ überschrieb Sascha Lobo neulich einen Beitrag, der von Aufbruchstimmung in der deutschen Blogosphäre handelte. Heute mittag, beim Eröffnungspodium des Webkongresses re:publica 09 in Berlin, war davon nicht viel zu spüren. Die ersten Ansätze einer politischen Blogszene mit Beispielen wie Carta oder Sprengsatz und was diese Initialzündung in einem Wahljahr bedeutet? Haben Blogger angesichts fehlender Geschäftsmodelle etablierter Medien die Chance, die neuen Meinungsführer im Web zu werden? Das wären interessante Fragen für die Auftaktdiskussion des Leitkongresses der deutschen Blogszene gewesen. Doch fünf Alpha-Blogger – Stefan Niggemeier,  Markus Beckedahl, Robert Basic, Sascha Pallenberg und Thomas Knüwer (zugleich auch Moderator) – bissen sich viel zu schnell an den inzwischen schon langweilenden Fragen fest, ob Twittern das Bloggen ablöst, ob Blogger wie Journalisten sind oder sein sollten und ob ein Presseausweis sowie gewerkschaftliche Unterstützung dabei helfen könnten. Zur Ehrenrettung der Diskutanten: Die uninspirierendsten Fragen kamen aus dem Publikum. Aber man hätte ihnen ja nicht das Feld überlassen müssen. […]

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