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Halbherzige Überlegungen zur Miniaturisierung

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Mein lieber Freund Cedric Ebener ist ein halbes Jahr an dem abgebildeten, wunderbaren Schmuckstück vorbeigegangen, bevor er es irgendwie nicht mehr ertragen konnte und es aus dem Blickfeld wegkaufen musste. Er hat es mir geschenkt und ich finde es ungelogen famos.

Gut, es hat kein DVD-Laufwerk und die Tastatur ist — aber lassen wir das; die kleine messingene Preziose hat mich auf einen ganz anderen Gedankenweg gebracht. Der war leider zu abschüssig, um zu bremsen und mit einem Mal dachte ich darüber nach, ob ein Laptop in dieser Größe tatsächlich sinnvoll sein könnte, gewissermaßen ein Laptop ohne das lästige Gerät. Der Trend der Reduktion – siehe iPhone ohne Tastatur – greift um sich, dahinter verbirgt sich aber eine andere Verschiebung: Hardware wird zur Software.

Software allerdings ist selbst auf einem Rückzugsgefecht in Richtung Server, der Kampf heisst Cloud Computing und wird dazu führen, dass jedes mobile Gerät nur noch ein Fenster zum Server darstellt. Die Reduktion des Laptops wird sich also ohnehin nur noch auf die Interfaces zur Ein- und Ausgabe, die Energiezufuhr sowie die Datenanbindung beziehen.

Bei der Eingabe ist zu erahnen, in welche Richtung es geht: die per Laser projizierte Tastatur ist heute schon zu kaufen, selbst wenn sie einen etwas unbeholfenen Fort-Schritt darstellen mag. Man verbinde jedoch die Großerfolge von Accelerometern (iPhone, Google-Phone) sowie Motion Tracking (Wii) und heraus kommt ein Szenario, bei dem von einer Tastatur nur noch Sensoren übrigbleiben, die zur Dateneingabe die Fingerbewegungen auf einer beliebigen Oberfläche oder gar in der Luft tracken. Dieses Bild mag gegen eine noch zu erfindende, bessere Eingabemechanik wirken wie die Vorstellung einer Pferdekutsche mit Wasserstoffantrieb – aber ich glaube, dass die Kulturtechnik des Tippens fast optimal ist, weil sie in etwa der Denkgeschwindigkeit entspricht (zugegeben nicht bei allen).

Bei der Datenausgabe ist die Sache etwas schwieriger, oder viel mehr utopischer: seit Jahren verspricht uns die Science Fiction In-Eye-Projections — die Wirklichkeit enttäuscht auf diesem Feld stark mit den aufsetzbaren Zumutungen, die die Industrie uns als Bildschrim-Brillen verkauft. Wenn hier das US-Militär nicht geheime Netzhautimplantate entwickelt haben sollte, handelt es sich zweifellos um das schwächstentwickelte Glied bei der vollständigen Reduktion des Laptops.

Nimmt man aber nicht nur eine technologische, sondern auch eine technosoziologische Veränderung an, trägt jeder Mensch in Zukunft sowieso ständig einen Bildschirm wie eine Zeitung mit sich herum. Genauer gesagt trage ich in diesem Moment ausser dem Laptop noch vier andere Bildschirme mit mir herum. Will sagen: eventuell nutzt der Laptop der Zukunft keine Science-Fiction-Interfaces, sondern einen halbwegs normalen Bildschirm – aber eben nicht den eigenen. Das Airbook, das meine anfängliche Liebe verspielt hat (Entdeckung der Langsamkeit), zeigt diese Möglichkeit der Hardwaremitnutzung beim DVD-Laufwerk schon auf.

Die Datenanbindung könnte man natürlich ebenso wie den Bildschirm an andere Geräte auslagern, das Handy böte sich an – aber nehmen wir an, dass schon in naher Zukunft überall Funkzugang durch eine flächendeckende W-LAN-Versorgung möglich ist, für den man nur den entsprechenden Mikrochip benötigt. Die Frage der Energieversorgung stellt sich, aber hier bietet sich vielleicht eine überraschende Lösung an: die seit Jahrzehnten bekannten Radioempfänger auf Germaniumbasis etwa ziehen ihre Energie direkt aus den empfangenen Radiowellen und spielen deshalb ohne Stromzufuhr. Auch RFID funktioniert ohne zusätzliche Energie im Gerät, der Datenrückkanal könnte eventuell ähnlich über eine Auslesetechnologie realisiert werden.

Ich fasse zusammen: mein Laptop der Zukunft steuert Bildschirme an, die gerade sowieso in der Nähe sind – ein eventuelles Handy oder ein Alltagsscreen, den der Mensch mit sich sowieso herumträgt, oder im Zug der in den Vordersitz eingelassenen Screen – und besteht sonst nur aus einer handvoll Kleinst-Sensoren für die Dateneingabe, einem Funkchip mit Zugang zu meinem Server, auf dem die Datenverarbeitung passiert (beide nutzen die in der elektromagnetischen Strahlung vorhandene Energie). Die Seele eines Laptops aber ist schon länger immateriell: nämlich die Identifikation, an der die persönlichen Einstellungen und Datenzugänge hängen.

Wer weiss, in zehn Jahren sehen Laptops dann vielleicht tatsächlich so aus wie oben auf dem Bild. Bis dahin hebe ich das Kleinod an einem sicheren, dunklen Ort auf. Ich hoffe nur, Cedric nimmt mir das nicht übel.

(Anmerkung: dieser Beitrag erscheint auch auf dem 01blog)

This Post Has 17 Comments

  1. Ubiquitous Computing wird in der Zukunft sicher immer weiter anwachsen. Ebenso die Vernetzung und Allverfügbarkeit von Daten. Hatte da in den letzten Semestern viele interessante Seminare zu dem Thema. Ich glaube aber nicht, dass dies in Form eines absolut konsequenten Cloud Computings geschehen wird. Da gibt es für mich zuviele Einwände in Bezug auf die Verfügungsgewalt über die eigenen Daten. Die Transparenz, wo welche Daten von mir liegen und wie ich über sie verfügen kann ist von hoher Bedeutung und steht einer vollständigen Verteiltheit im Weg.

  2. Hmm, „Wunsch oder Wahnsinn“ stellt sich da für mich die Frage. Im Endeffekt würde dieser Laptop der Zukunft ja auch Sicherheitslücken aufwerfen, die echte graue Haare verursachen würden….

    Mal ganz abgesehen von der Frage, wer würde sich zu Gunsten einer Bildausgabe ein Netzhautimplantat einsetzen lassen (oh, du selige Shadowrun-Zeiten… :) )? Oder anders formuliert, wer ausser den richtig heftigen Nerds?

    Gut, das Konzept mit dem gerade verfügbaren Bildschirm wäre verlockend, aber wie schaut’s dann mit der Auflösung und Größe aus? Ich z. B. würde in der S-Bahn kein 24-(oder mehr)-Spur-Musikschnittprojekt auf einem Display in der Größe meines iPhones (was ja für ein mobiles Gerät eh schon ein großes Display ist) bearbeiten wollen. Auf einem derzeitigen MacBook geht das aber problemfrei…

  3. Tja, gestern habe ich mich schon als breitbandloser Landbewohner vom Fortschritt abgeschnitten gefühlt . Mit diesen Visionen bleibt einem in der Pampa noch nicht mal ein funktionierender Computer. Aber wir können ja dann den Stadtbewohnern Gemüse verkaufen…

  4. Wozu dann noch Laptop? Im ernst: sind wir noch so weit davon entfernt, eine Art Brille zu haben, die bei Bedarf den Screen auf die Netzhaut bringt, die den drahtlosen überall-netzzugang schon integriert hat und bei bedarf die Gesten von Fingern (durchaus auch Tippen wenn man will) mittrackt?
    Nächster Schritt dann Augenimplantat. Bei mir bitte aber nur, wenn mein sichtbares Farbspektrum dadurch erweitert wird.

  5. Blabla, Cyberpunk war in den 70ern.
    Jetzt mal im ernst: Wenn es so wäre, schön, aber wenn man darüber nachdenkt wer so etwas entwickelt und wer so etwas dann, wenn es in der Öffentlichkeit angekommen ist, kontrollieren will, würde ich gerne auch so spielerisch und klever daher reden. Wenn Demokratie real wäre, könnte man schön dabei zu sehen wie sich das entwickelt, aber leider ist selbst diese bestechlich und immer in einem Kräfteverhältnis eingespannt, dass der User und Hobby-Tüftler oft nicht mehr begreifen und greifen kann.

  6. Es wurde schon vorher gesagt, aber ich denke auch, dass man die Daten mit sich führen müsste. Ich sehe schon erste Gesetzesvorlagen für Rasterfahndung für Datensätze. Oder gewisse Dinge werden unschreibbar, das wäre unschön.

  7. Die Frage dabei ist doch dann aber: Wie erklärst Du die hundert verdampften Menschen täglich, die Du so um Dich herum ansammelst, wenn Du Deinen Laptop der Zukunft mit elektromagnetischen Wellen betreiben willst, die stark genug sind, nicht nur Dein Handgerät, sondern auch Deinen Server mit Strom zu versorgen und dazu noch Informationen transportieren sollen. Da sehe ich eine klare ethische Lücke in dem Konzept.

  8. Nur kurz zwischengeworfen, dass ich die Demokratie durchaus für real halte. Was die Daten angeht, bin ich etwas anderer Meinung. „Dinge geregelt kriegen..“ haben wir zum Beispiel weitgehend auf den Servern von Google in GoogleDocs geschrieben. Dass die AGB dabei grauenvoll sind und rein theoretisch die Texte mit einem Copyright von Google versehen sind, ist eine Sollbruchstelle, zugegeben. Dass die Daten der Zukunft auf einem Server liegen, den man nicht mit sich herumträgt, halte ich aber für relativ unausweichlich.

  9. Lobo: „Damit einher geht das durch das Internet wiedererstarkte Bürgerengagement, das vielschichtiger, unkontrollierbarer und zum Teil wesentlich effektiver geworden ist.“

    Kannst du mir dazu eine Quelle zu detailierteren Studien geben. Da steckt ja meine Demokratie-These hinter, meine habe ich übrigens von Derrida, der meint, dass sie niemals wirklich real war und ist, sondern immer nur am kommen, daher muss man weiter um sie kämpfen. Vielen Dank.

    Ste

  10. sascha sagte: „Dass die Daten der Zukunft auf einem Server liegen, den man nicht mit sich herumträgt, halte ich aber für relativ unausweichlich.“

    Welche Daten meinst Du? Die, die man beruflich erzeugt oder die privaten?

    Natürlich ist dieses Konzept des Computers, der überall existiert und einfach über spezielle Hardware angegangen wird attraktiv, aber ich halte so ein Konzept trotzdem für unwünschenswert, einfach weil ich nich weiß was mit den Daten passiert. Natürlich hofft man immer, dass nichts passiert, dass Google und Co. nicht das umsetzen, was durch ihre AGB theoretisch möglich wäre. Aber in Zeiten, wo her Schäuble am liebsten einen Wöchentlichen Bericht von jedem Bundesbürger hätte, in dem steht welche Internetseite er Besucht, mit wem er gemailt, was er sonst so getan hat, halte ich eine zentrale Datenspeicherung für unsinnig. Natürlich ist es praktisch, aber man darf dem Diktat des praktischen nicht immer unterliegen.

    Oder anders gefragt: Was hättest Du gemacht, wenn Google alle Rechte geltend gemacht hätte, die ihnen laut AGB zu „Alles geregelt kriegen“ zustünden?

    Cheers!

  11. Ich häng mir doch mein geliebtes MacBookPro nicht um den Hals, welch Entwürdigung!

    Wenn möchte ich es UNTER der Haut.

    Mein MacBookPro hat nur meine Tiefe verdient und nicht so ein oberflächiges zur Schau tragen aka Statussymbol oder Liebes/Zugehörigkeitsbeweismittel!

  12. wer spricht denn davon, dass die cloud, auf der ich compute, nicht mir gehören darf? geht ja nur darum dass ich die Rechen und Speicherpower nicht mit mir rumschleppen muss.
    Andererseits: schon jetzt kann ein iPhone alles was man zum täglichen Computen so braucht. in wenigen Monaten ist das alles noch viel kleiner. Man braucht also gar nicht zwingend eine Wolke. Usb-Sticks mit 128 GB und mehr sind ja jetz schon kein Problem. in ein paar Jahren haben wir die mit mehreren TB.

  13. Dieüberlegung ist gut und gegen soetwas hätte ich nichts einzuwenden (ich liebe neue Technologien (SOLANGE SIE NICHT VON DER FIRMA MIT DEM ANGEBISSENEM STEINOBST ALS LOGO KOMMEN)), aber es wird, wie so oft, an der kompatibilität scheitern: Die Hersteller werden sich nicht einigen können und so, wird dann das ganze wieder zusammenbreche: Die Apfallaner werden im Zug nicht and den im Sitz eingelassenen Screen kommen, da nur M$ Treiber vorhanden und die M$ user werden nicht in das W-LAN das aus der nächsten Laterne kommt ran kommen, weil der Router von Apple ist.

    Traurig, aber wahr!

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